Social Media Marketing: KI ist überall – aber Strategie kann man nicht automatisieren
Mittwoch, 19. November 2025 um 08:30 von Stefan Wölfel in Arbeitsmarkt und Karriere

Müssen Social Media Manager heute weniger »Kampagnenschubser« und mehr »Director« sein? Künstliche Intelligenz hat Social Media Marketing in kürzester Zeit auf links gewendet. Tools schreiben Posts, schneiden Videos, optimieren Ads und liefern Analysen, für die früher ganze Abteilungen nötig waren. Man könnte meinen: »Super, dann brauchen Unternehmen ja bald nur noch ein KI-Abo.«
Ganz so einfach wird’s dann doch nicht, auch wenn es scheint, als handelten manche Plattformen offensichtlich nach dem Motto: »Cut out the Middleman« – je weniger menschliche Entscheider zwischen Budget und Maschine stehen, desto besser. Oder zugespitzt: Für manche Marketing-Ökosysteme braucht es bald nur noch den Zahlungseingang. Den Rest erledigt das System selbst. Doch je stärker Social Media automatisiert wird, desto höher wird der Wert menschlicher strategischer Kompetenz. Und genau hier wandelt sich das Berufsbild rasant.
Was KI heute leistet — und was nicht
Seien wir ehrlich: Was KI-Tools heute im operativen Marketing leisten, ist beeindruckend. Sie generieren Content-Ideen in Sekunden, texten fertige Captions im gewünschten Markenstil, schlagen Zielgruppen vor, optimieren die Performance rund um die Uhr und liefern Reportings ohne Zahlendreher.
Wir haben es hier mit einer Maschine zu tun, die niemals müde wird, nie Urlaub braucht und niemals fragt: »Kann das Meeting auch eine E-Mail sein?«
Doch diese massive operative Entlastung führt zu einer wichtigen Erkenntnis: Wenn KI immer mehr ausführt, wird es umso wichtiger, dass Menschen führen. Strategisches Denken, Kontextverständnis und echte Kreativität sind nicht automatisierbar – und werden im KI-Zeitalter zur eigentlichen Superkraft.
Warum KI ohne Strategie gefährlich ist
So hilfreich Künstliche Intelligenz im Social Media Marketing auch ist, sie hat eine systemische Schwäche: Sie versteht keine Kultur, keine Emotionen und keinen echten Kontext. Sie erkennt Muster, aber keine tiefere Bedeutung.
Das kann schnell teuer werden: generische Aussagen statt einer differenzierten Markenstimme; KI-getriebene Trend-Reaktionen, die algorithmisch populär, aber für die eigene Zielgruppe irrelevant oder peinlich sind; juristisch wacklige Claims; oder Dateninterpretationen, die statistisch sauber, menschlich jedoch falsch sind.
Im schlimmsten Fall produziert die KI automatisch optimierte Ads, die im Dashboard wunderbar grün aussehen, aber am Ende nur schlechte Leads oder unpassende Kund:innen generieren. Kurz gesagt: KI kann Social Media nicht nur skalieren — sondern auch Fehler. Und zwar rasend schnell.
Der neue Social Media Manager: Vom »Doer« zum »Director«
Früher dominierte operative Fleißarbeit: Posts planen, Visuals entwerfen, Texte schreiben, Kommentare beantworten, KPIs in Excel-Tabellen nachziehen. Heute übernimmt KI einen großen Teil dieser Aufgaben.
Was bleibt also für den Menschen? Nicht die Reste, sondern das Wichtigste. Die Rolle wandelt sich vom reinen Doer zum strategischen Director (oder zur Regisseurin) des gesamten Prozesses. Die Kernaufgaben verschieben sich deutlich.
Strategische Aufsicht: Der Mensch als Creative Director
- Passt die Tonalität wirklich zur Marke?
- Wurde die Zielgruppe korrekt interpretiert — oder bedient die KI nur ein Klischee?
- Ist der Content markenkonform, und stimmen die Quellen?
- Erfüllt die Kampagne das strategische Ziel — oder optimiert die Maschine nur auf einen oberflächlichen KPI?
KI-Training ist Regiearbeit, kein Knopfdruck
Prompting ist nicht einfach »Knopf drücken«. Es ist Regiearbeit: glasklare Briefings, digital abgebildete Markenrichtlinien und kontinuierliche Feineinstellungen. Professionelle Teams bauen Prompt-Bibliotheken und betreiben strenge Qualitätssicherung — iterativ, bis die KI verlässlich markenkonforme Ergebnisse liefert.
Markenführung und Menschenverständnis
KI kann Inhalte ausspielen, aber sie kann keine Marke führen. Werte, Positionierung, kulturelle Codes und Zielgruppenpsychologie bleiben zutiefst menschliche Kompetenzen. Eine Maschine weiß nicht, warum eine Marke existiert — sie kann höchstens darauf reagieren. Und teilweise regt sich in der Nutzerschaft ein gewisser Widerwille gegen KI-Generierte Inhalte (siehe Beispiel Aerie).
Der Elefant im Raum: Disintermediation 2.0
Stichwort »Disintermediation«: das „Ausschalten von Zwischenhändlern“ in einer Liefer- oder Wertschöpfungskette, um direkt mit dem Endkunden zu interagieren. Ein unbequemer Punkt: Große Plattformen und Anbieter treiben Automatisierung so weit voran, dass der »Middleman« (also menschliche Entscheider) immer weiter aus dem Prozess entfernt wird. Automatisierte Ads, automatisch optimierte Creatives und Zielgruppenselektion sind keine Zukunftsmusik, sondern heute schon Realität. Sam Altman, CEO von OpenAI (ChatGPT), sprach ganz ungeschminkt davon, dass KI in absehbarer Zeit 95 % dessen übernähme, wofür wir heute Agenturen und Kreative einsetzen. (Einen guten Überblick, wie weit KI bereits in Social-Media-Workflows Einzug gehalten hat, stellte unlängst Metricool (State of AI in Social Media, 2025) zusammen.
Konsequenz: In manchen Bereichen reicht künftig vielleicht nur noch ein Budget-Input — die Plattform oder das System macht den Rest. Beispiele für diese Entwicklung finden sich in aktuellen Branchenmeldungen: So baut etwa WPP eigene AI-Plattformen, mit denen Marken Kampagnen selber planen und ausspielen können, statt klassisch über Agenturen zu gehen; und Meta arbeitet daran, die Erstellung und Ausspielung von Ads mithilfe von KI weitgehend zu automatisieren. (Reuters: WPP, Reuters/WSJ: Meta).
Gerade deshalb ist menschliche Strategiekompetenz jetzt so wichtig: Unternehmen müssen aktiv gegensteuern, wollen sie nicht, dass KI lediglich Klicks optimiert statt echter Geschäftsziele.
Der Skill-Mix der Zukunft: Mehr Stratege, weniger Operateur
Der moderne Social Media Manager vereint heute mehrere Rollen:
- Strateg:in
- Creative Director
- »Brand Voice Guardian«
- Datenexpert:in
- KI-Trainer:in
- Qualitätssicherungsprofi
Operative Handgriffe werden weniger wichtig; Steuerung, strategische Kontrolle und tiefes Markenverständnis werden zum Kern der Arbeit.
Fazit
Künstliche Intelligenz ist ein mächtiger Hebel im Social Media Marketing. Aber sie macht Social Media nicht automatisch besser. Ohne strategische Führung, Kontext und menschliches Urteil bleibt sie eine leistungsfähige, aber blinde Maschine.
KI führt die Hände — aber Menschen führen die Richtung.
Genau auf diesen Rollenwandel bereiten moderne Weiterbildungen wie unsere Weiterbildung Zertifizierte:r Social Media Manager:in vor: Strategie, Markenführung, Überblick über die Stärken und Schwächen der Plattformen sowie echte KI-Kompetenz.
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Tags: KI , Social Media , social media manager