Das perfekte Online-Vorstellungsgespräch, Teil 4: Der richtige Umgangston
Dienstag, 05. Januar 2021 um 09:30 von Stefan Wölfel in Arbeitsmarkt und Karriere
Bild: Shutterstock, Andrey_Popov
[Update: Du möchtest alle Tipps der Blogserie in einer Checkliste auf einen Blick lesen? Am Ende des Textes findest Du den Downloadlink!] Mit einem gut geführten Video-Vorstellungsgespräch demonstrierst Du ganz nebenbei, dass Du Dich auf moderne Kommunikationstechnologien bestens verstehst. Wie Du technische Stolpersteine aus dem Weg räumst, erklärten wir bereits in den vorangegangenen Teilen. Heute geht es um den eigentlichen Gesprächsablauf, der zur analogen Vorstellungsgesprächssituation einige Besonderheiten aufweist.
Die Teile unserer Serie:
- Teil 1: Damit das Gespräch klappt: Die wichtigsten Basics
Es gibt einige Selbstverständlichkeiten aus dem analogen Vorstellungsgespräch, die auch online gelten. Zu den grundlegenden Tipps kommen aber noch einige wichtige, spezifische Dinge hinzu. - Teil 2: Technik-Tipps: Es kann immer was schiefgehen
Man braucht keine teure Ausstattung für gute Online-Interviews. Wir zeigen auf, was Du tun musst, um das Gespräch sicher über die Bühne zu bringen. - Teil 3: Wie Du Dich visuell optimal in Szene setzt
Damit sich Deinem Gesprächspartner das beste Bild von Dir und Deiner Persönlichkeit offenbart, geben wir Tipps zur Vorbereitung und Einrichtung. - Teil 4: Online-Gesprächsführung: Der richtige Umgangston
Es gibt einige kleine Details, die anders laufen als bei einem analogen Gespräch. Wir zeigen Dir, wie Du auch online den richtigen Ton triffst.
Mit der Einladung zum Bewerbungsgespräch hast Du einen Fuß in der Tür. Dein Gegenüber findet Dich interessant und möchte gern mehr über Dich erfahren. Im Gegenzug hast Du die Möglichkeit, Dich von Deiner besten Seite zu zeigen und die Teilnehmer auf Unternehmensseite zu prüfen, ob der Laden zu Dir passt. Beginnen wir damit, wie ein Gespräch grundsätzlich aufgebaut ist:
Phasen eines Gesprächs
Ein Vorstellungsgespräch folgt einem mehrstufigen Aufbau: Das klassische Muster ist eine Abfolge von fünf Phasen, die Dir sowohl in der Offline-Variante als auch im Online-Vorstellungsgespräch begegnet. Besonderheiten des Ablaufs im Video-Jobinterview stellen wir dabei heraus:
1. Smalltalk
Smalltalk ist keine Spielerei. Hier entscheidet sich manchmal bereits der weitere Verlauf und das Ergebnis des ganzen Gesprächs. Selbst Sozialmuffel mit Mangel an zwischenmenschlicher Wendigkeit müssen vor dieser Phase keine Angst haben, denn inhaltlich geht es um Begrüßung und namentliche Vorstellung der Beteiligten. Falls auch Fachabteilungen vertreten sind, übernimmt meist die Personalabteilung die Moderation des Gesprächs. Bei aller Aufgeregtheit darf eine simple Selbstverständlichkeit nicht fehlen: Bedanke Dich für die Einladung – und siehe da, schon hast Du das Gespräch begonnen.
Wichtig: Im Online-Gespräch fällt der Eröffnung auch die Rolle der Verständnissicherung zu. Gegenseitig sollten die Teilnehmer sich im Verlauf der Begrüßungsrunde versichern, ob die Verbindung erfolgreich aufgebaut wurde oder ob noch Störfaktoren bestehen. Es ist doch schon ein prima Einstieg, wenn nach der optimalen Vorbereitung aus den letzten drei Teilen unserer Blogserie erleichtert festgestellt werden kann, dass alles prima läuft…
2. Kennenlernen
Hier kommen zunächst die Teilnehmer des Unternehmens zu Wort mit einer Kurzvorstellung ihrer Rolle in der Fachabteilung sowie des Unternehmens und der Produkte. Üblicherweise wird an diesem Punkt des Gesprächs noch einmal die ausgeschriebene Stelle mit ihren Anforderungen beschrieben.
Tipp: Bei einem Termin vor Ort zücken an diesem Punkt die Teilnehmer gerne ihre Visitenkarte, aber bei einer Videokonferenz ist das natürlich unpassend. Die Konferenzsoftware zeigt üblicherweise den Namen an, den die User vor Beginn des Gesprächs angegeben haben. Notiere sicherheitshalber die Namen auf einem Blatt Papier für die Nachbereitung des Gesprächs, denn sobald Du die Konferenz verlässt, kannst Du nicht mehr auf diese Informationen zugreifen!
3. Selbstpräsentation
Jetzt bist Du an der Reihe: Schildere Deinen beruflichen Werdegang mit den wesentlichen Erfolgen und Meilensteinen, stelle dabei kurz Deine Stärken in Bezug zu der ausgeschriebenen Stelle heraus. Wenn Du im Gespräch besonders wichtige Informationen wie beispielsweise Zahlen oder fremdsprachliche Ausdrücke nennst, dann achte auch sprachlich darauf: Senke das Sprechtempo etwas und betone deutlich, damit die Information gut ankommt.
4. Rückfragen
Die heiße Phase des Gesprächs, in der Du hellwach sein solltest: Hier geht es um Deine Eignung zu den Inhalten und Anforderungen des Jobs, und Deine Gegenüber versuchen mit allen möglichen Arten von Fragen herauszufinden, ob Du ihren Erwartungen entsprichst. Aber es ist auch Dein Moment, denn Du kannst Deinerseits herausfinden, was Du erwarten kannst, z. B. hinsichtlich Vergütung, Leistungsmessung oder Entwicklungschancen.
5. Abschied
In der letzten Phase werden üblicherweise nächste Schritte besprochen und Fristen vereinbart. Wenn Du Dich eingangs für die Einladung bedankt hast, dann ist es nun an der Zeit, Dich für das hinter Dir liegende Gespräch zu bedanken und Dich (namentlich!) von allen zu verabschieden.
Soweit der grundsätzliche Ablauf eines Vorstellungsgesprächs mit einigen Besonderheiten für die Videovariante. In den vorangegangenen Teilen unserer Blogserie zu Videovorstellungsgesprächen beschrieben wir, wie Du ein gutes Bild abgibst. Es kommt jedoch auch darauf an, welchen Ton Du triffst:
Verursache keine Störgeräusche
Jedes Geräusch, das sich zu den Worten der Teilnehmenden hinzugesellt, wird als störend empfunden, besonders wenn es mehrfach auftritt. Quietscht der Drehstuhl, auf dem Du Dich gerade nervös hin und her schiebst? Wackelt der Tisch, auf dem der Laptop steht? Sieh zu, dass das Mobiliar für Dich und Deinen Rechner solide ist und keinen Mucks von sich gibt. Klappert die Tastatur, während Du Dir Notizen machst? Nimm doch ganz altmodisch Bleistift und Papier. Mit dem Stift hast Du auch etwas in der Hand, an dem Du dich festhalten kannst. Macht die Maus ein lautes Schleifgeräusch, wenn Du sie über den Tisch manövrierst? Ein Mouse Pad wirkt Wunder.
Gekonnt einhaken und »Lags« berücksichtigen
Es liegt in der Natur der Sache, dass Dir sowohl die Internetverbindung als auch die Rechner der teilnehmenden Personen einen technischen Streich bei der Audio- und Video-Signalverarbeitung spielen können. Bild und Ton können stellenweise holpern oder nicht synchron ablaufen. Wichtig ist, dass Du dem Gespräch sehr aufmerksam folgst und den Gesprächspartner ausreden lässt. Du solltest erkennen können, ob die Gesprächspause einer Störung bzw. Verzögerung (»Lag«) zu Grunde liegt oder Dein Gegenüber ausgeredet hat. Es ist nicht nur grundsätzlich unhöflich, jemandem ins Wort zu fallen — in Online-Gesprächen treten naturgemäß Übertragungsverzögerungen auf, daher ist es selten möglich, auf den Punkt an der richtigen Stelle wie bei einer Face-to-Face-Gesprächssituation ins Gespräch einzuhaken.
Profitipp: Nachfragen, wenn Informationen auf der Strecke bleiben. Es ist völlig in Ordnung, im Videotelefonat nachzufragen, wenn Du etwas nicht richtig verstanden hast. Außerdem kannst Du die Ausrede »akustisch nicht angekommen« gezielt einsetzen, wenn Du Zeit gewinnen möchtest.
Gesprächsnachbereitung = Vorbereitung des Dankschreibens
Wir haben viel über die Vorbereitung und Durchführung des Videogesprächs gesprochen, aber ein wichtiger Punkt fehlt: Die Gesprächsnachbereitung. Wenn das Gespräch Deinen guten Eindruck bestätigt hat und Du den Job wirklich willst, dann gehört dazu eine saubere Nachbearbeitung:
- Reflektiere das Gespräch: Wo war ich unsicher? Was kann ich beim nächsten Gespräch besser machen? Habe ich alle wichtigen Punkte angesprochen und die richtigen Worte gefunden? Da die Erinnerung recht frisch ist, kannst Du Dein eigenes Verhalten sehr gut einschätzen, Fehler notieren und Dich fürs nächste Mal verbessern.
- Sind alle Deine Fragen beantwortet? Wenn nicht, notiere sie dir jetzt!
- Wurde im Gespräch eine Vereinbarung für eine weitere Bewerbungsphase getroffen, z. B. Nachreichen von Dokumenten? Stelle das vereinbarte Material zusammen.
- Setze unter dem frischen Eindruck des Gesprächs eine E-Mail auf, in der Du Dich für das Gespräch bei allen Teilnehmenden bedankst und betonst, dass es Deinen Wunsch, für das Unternehmen zu arbeiten, bestärkt hat – und Du Dich ganz nebenbei auf eine baldige Antwort freust.
Profitipp: Du hast Dir sicherlich die Namen aller Beteiligten des Vorstellungsgesprächs notiert (wie in einem der vorherigen Tipps beschrieben). Bei einem analogen Gespräch tauschen die Teilnehmenden gerne Visitenkarten aus, beim Videointerview entfällt dies jedoch. Wenn Du nach dem Gespräch eine Dankesmail abschickst, setze sie auf CC, falls Du ihre E-Mail-Adresse kennst, ansonsten erwähne sie im Text Deiner E-Mail an den Dir bekannten Ansprechpartner.
Ausblick: Formen, Grenzen und Zukunft des Video-Vorstellungsgesprächs
Äußere Umstände wie die Corona-Pandemie machen das Videokonferenz-Interview (VCI) zum Mittel der Wahl, denn Personalbüros und Recruiter können derzeit nicht oder nur unter besonderen Vorkehrungen Face-to-Face-Interviews (FTF) durchführen.
Leider muss an dieser Stelle betont werden, dass offenbar Jobsuchende in Video-Vorstellungsgesprächen schlechter bewertet wurden als diejenigen in FTF-Interviews bzw. Jobsuchende, die online geführte Vorstellungsgespräche ihrerseits als negativ oder gar als unfair empfanden. In dem kürzlich erschienen Aufsatz »It takes more than a good camera« (Basch, J.M., Melchers, K.G., Kurz, A. et al. It Takes More Than a Good Camera: Which Factors Contribute to Differences Between Face-to-Face Interviews and Videoconference Interviews Regarding Performance Ratings and Interviewee Perceptions?. J Bus Psychol (2020).) rieten die Verfasser den Personalabteilungen, nicht beide Interview-Arten innerhalb einer Auswahlstufe zu vermischen, denn in FTF-Interviews spielten Faktoren wie persönliche Präsenz und Augenkontakt eine besonders stark wahrgenommene Rolle – zum Positiven wie zum Negativen.
Fazit: Das Video-Vorstellungsgespräch wird uns noch lange erhalten bleiben
Verschwindet mit Ende der Pandemie die Videokonferenz einfach von der Bildfläche? Oder wird sie von Unternehmen als fester Bestandteil in den Bewerbungsprozess integriert? Vor allem große Unternehmen und technikaffine Branchen könnten sich für Letzteres entscheiden, selbst wenn irgendwann einmal keine Rücksicht mehr auf Abstandsregeln genommen werden muss. In der Vergangenheit hatte sich das Telefoninterview als Zwischenschritt im Bewerbungsverfahren eingebürgert, daher ist es vorstellbar, dass das Videovorstellungsgespräch eine ähnliche Rolle einnehmen wird. Jobsuchende sollten das Videointerview als »Kulturtechnik« annehmen und darauf vorbereitet sein. Ein weiterer Aspekt: Sollte Home-Office auch über die Pandemie hinaus zu einer Normalität werden und zahlreiche Beschäftigte (und damit auch Personaler und Entscheider!) von zu Hause aus arbeiten, ist eine Videokonferenz der einfachste Weg, alle Teilnehmenden für einen Termin zu koordinieren. Ein Präsenztermin könnte dann die letzte Stufe im Bewerbungsprozess darstellen, während die Videokonferenz zur Vorauswahl eingesetzt werden würde.
Viel Erfolg bei Deiner Online-Bewerbungsgespräch!
Wenn Du die Tipps aus unserer Blogserie auf einen Blick lesen möchtest, stellen wir sie in einer kompletten Checkliste fürs Online-Bewerbungsgespräch als PDF-Download zur Verfügung.
Möchtest Du auf dem Laufenden bleiben, dann abonniere unseren RSS-Feed und Newsletter!
Hast Du Anmerkungen, Fragen oder eigene Tipps? Dann teile sie mit uns in den Kommentaren.
Tags: Online-Vorstellungsgespräch